VIELE BÜCHER GINGEN VERLOREN
In den Klosterbibliotheken des Mittelalters spielte sich das geistige Leben dieser Epoche ab. Mönche lagerten hier sorgsam die Wissensschätze der Antike, studierten die frommen Schriften ihrer Zeitgenossen und mehrten die Bestände durch eigene Werke. Von den Handschriften ist heute leider kaum etwas erhalten. Es fehlen zudem die mittelalterlichen Kataloge, die Auskunft über die einst vorhandenen Handschriften und Drucke geben könnten. Dennoch haben Forscher Erkenntnisse über die Hirsauer Bibliothek gewonnen: Die Blütezeiten des Klosters im 11. und 12. Jahrhundert sowie im 15. und 16. Jahrhundert führten jeweils zu einer Hochphase klösterlicher Buchkultur. Das stete Wachstum der Buchbestände machte es erforderlich, den Bibliotheksraum zu erweitern.
KAPELLE IM ERDGESCHOSS, BIBLIOTHEK DARÜBER
Im Obergeschoss der Marienkapelle lag der Bibliotheksraum von Kloster Hirsau. Diese Anordnung war im 15. und 16. Jahrhundert vor allem in süddeutschen Benediktinerklöstern üblich. Darüber hinaus nimmt die Forschung an, dass auch Klöster anderer Orden diese praktische Anordnung schätzten, beispielsweise gab es im Zisterzienserkloster Salem ein Büchergewölbe über der Liebfrauenkapelle. Die unmittelbare Nähe von Kapelle und Bibliothek ist ein starkes Symbol dafür, wie Glauben und Wissen im klösterlichen Leben nicht als Gegensätze, sondern als Einheit gesehen wurden.
DACHSTUHL UND MÖBEL AUS DER SPÄTGOTIK
Und noch eine Besonderheit hat sich im Bibliothekssaal erhalten: Die wertvollen Handschriften und Drucken lagerten in verschließbaren Holzschränken, die im frühen 16. Jahrhundert angeschafft worden waren. Diese Schmuckstücke aus der Zeit der Spätgotik sind mit kunstvollen Schnitzereien versehen. Da sich solche Buchschränke nur selten erhalten haben, gelten sie heute als absolute Rarität und stehen seit 2008 nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten wieder an ihrem ursprünglichen Platz. Eine imposante Holzbalkendecke schließt den Bibliotheksraum nach oben ab.
DIE RUINEN EINES GEISTLICHEN ZENTRUMS
Das weitläufige Kloster Hirsau im Tal der Nagold präsentiert rund 1000 Jahre Geschichte in Südwestdeutschland: Einst spielte die Abtei im Investiturstreit zwischen Papst und Kaiser eine herausragende Rolle. Im 16. Jahrhundert wurde Kloster Hirsau säkularisiert. Herzog Christoph von Württemberg gründete eine evangelische Schule in den Klostergebäuden. Ende des 17. Jahrhunderts verwüstete der Pfälzische Erbfolgekrieg das Land – Kloster Hirsau wurde zerstört. Im 18. Jahrhundert begann man, die Schönheit des Ortes zu entdecken. Bis heute ziehen die Ruinen des einstigen geistlichen Zentrums mitten im Schwarzwald die Gäste in ihren Bann.
TAG DER BIBLIOTHEKEN
Seit 1995 wird alljährlich der „Tag der Bibliotheken“ begangen. Der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker rief den Tag ins Leben, um die Rolle der über 10.000 Bibliotheken in der Bundesrepublik zu würdigen. Auch in diesem Jahr wird in Bibliotheken ein vielfältiges Programm geboten: Von der Dichterlesung, über digitale Schnitzeljagden bis zum Bücherbasar gibt es einiges zu entdecken.
SERVICE
Die Außenanlage der Klosteranlage ist tagsüber frei zugänglich. Das Klostermuseum Hirsau ist zurzeit aufgrund der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg geschlossen.
SONDERFÜHRUNG MARIENKAPELLE MIT BIBLIOTHEKSSAAL
Die Marienkapelle kann im Rahmen einer Gruppenführung besichtigt werden (Dauer ca. 1,5 bis 2 Stunden). Die Führung kann bei der Touristinformation Calw gebucht werden.
Gruppen bis 20 Personen: pauschal 180,00 €, jede weitere Person 9,00 €
Gruppen ab 20 Personen: pro Person 9,00 €
WEITERE INFORMATIONEN
Kloster Hirsau
Klosterhof
75365 Calw-Hirsau
+49(0)70 51.16 7-399
touristinfo@calw.de