Gewölbe der Marienkapelle von Kloster Hirsau

Ein Gebäude für Kranke und WissbegierigeDie Marienkapelle

Neben den Wirtschaftsbauten ist die Marienkapelle das einzige Klostergebäude, das die Zerstörung von 1692 unversehrt überstand. Das hohe zweistöckige Bauwerk im Stil der Spätgotik diente einst als Krankenkapelle und Bibliothek. Heute ist sie die evangelische Pfarrkirche von Hirsau.

Außenansicht der Marienkapelle von Kloster Hirsau

Die Kapelle wurde im 16. Jahrhundert gebaut.

Zeichen von Wohlstand

Durch die Klosterreform ab 1450 erlebte Hirsau einen wirtschaftlichen und geistigen Aufschwung. So konnte Abt Johannes II. Hanssmann die Krankenkapelle von 1508 bis 1516 errichten. Baumeister Martin von Urach platzierte die Kapelle östlich des Kapitelsaals und nördlich des Krankenhauses. Wie viele andere reformierte Benediktinerklöster, darunter auch Kloster Alpirsbach, folgte er dem Vorbild des französischen Klosters Cluny. Die Krankenkapelle war der Muttergottes geweiht – auch hier folgte Hirsau dem Vorbild Clunys.

Außenansicht der Marienkapelle von Kloster Hirsau

1888 wurde sie im neugotischen Stil umgebaut.

Spätere Veränderungen

In den Jahren 1888 bis 1892 wurde die Marienkapelle in neugotischem Stil umgestaltet. Das Deckengewölbe, das im 18. Jahrhundert entfernt worden war, wurde wieder eingezogen. Aus dieser Zeit stammt auch die am Außenbau gut erkennbare Verlängerung der Westseite mit dem Rosettenfenster und den beiden flankierenden Treppentürmchen. Aus der Klosterzeit sind im Innern vier Grabmäler erhalten, beispielsweise das des Bauherrn der Kapelle, Abt Johannes II. Hanssmann, der sich vor dem Altar beisetzen ließ.

Innenansicht der Marienkapelle im Kloster Hirsau

Reich gestalteter Kirchenraum mit spätgotischem Netzgewölbe.

Reiche Ausstattung im Innern

Der Innenraum der Marienkapelle beeindruckt heute durch seine harmonische Farbigkeit, seine Deckenmalereien und eine hölzerne Kanzel. Die farbenfrohen Fenster des württembergischen Glasmalers Wolf-Dieter Kohler wurden 1970 bei einer erneuten Renovierung in die gotischen Fenster eingesetzt. An den Wandpfeilern befinden sich Halbfiguren der zwölf Apostel. Sie tragen Spruchbänder, auf denen Teile des Glaubensbekenntnisses zu lesen sind.

Apostelfigur an einem Kapitell in der Marienkapelle von Kloster Hirsau
Apostelfigur an einem Kapitell in der Marienkapelle von Kloster Hirsau
Apostelfigur an einem Kapitell in der Marienkapelle von Kloster Hirsau

Die zwölf Apostelkonsolen stammen noch aus der Bauzeit der Kirche und haben sich bis heute erhalten.

Bibliotheksaal in der Marienkapelle von Kloster Hirsau

Bibliothek mit Bücherregalen im Obergeschoss der Kapelle.

Bibliothek im Obergeschoss

Häufig war die Bibliothek eines mittelalterlichen Klosters im Armarium, der Bücherkammer, untergebracht. Diese lag meist ebenerdig und in unmittelbarer Nähe zur Sakristei. Im 15. Jahrhundert – die Klosterbibliotheken waren nun sehr viel umfangreicher – wurde der Bibliotheksraum öfter im Obergeschoss der Marienkapelle angelegt. Dafür sprachen zwei Gründe: Die Marienkapelle lag als Krankenkapelle meist direkt neben Kapitelsaal, Kirche und Infirmarium und im Obergeschoss waren die Bücher sicher gelagert.

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